Leistung ist kein Wunschkonzert: Wie Du Low Performer konstruktiv weiterentwickelst

Leistungsunterschiede im Team sind normal – aber was, wenn einzelne dauerhaft unter dem Radar fliegen? Wer hier zu lange wegschaut, riskiert die Motivation der Leistungsträger und verpasst echte Entwicklungschancen. Wir haben mit einer erfahrenen Führungskraft aus der Automobilindustrie gesprochen, die Klartext spricht: über falsche Rücksichtnahme, die Kunst des kritischen Gesprächs – und warum Nichtstun keine Option ist.

„Leistung kann man nicht coachen? Doch – aber nicht um jeden Preis.“

Auszug aus einem Interview mit Katharina S., Abteilungsleiterin Fertigung, OEM Automobilindustrie

Katharina, Hand aufs Herz: Wie gehst Du mit Low Performern in Deinem Team um?
Ich gehe sie an. Punkt. Nicht aus Prinzip, sondern weil Wegsehen immer teurer ist – menschlich und wirtschaftlich. Leistungsschwache Kolleg:innen wirken wie Sand im Getriebe. Sie blockieren Abläufe, frustrieren andere und fordern übermäßig viel Zeit von Führungskräften. Es wäre fahrlässig, das zu ignorieren.

Viele Führungskräfte zögern – aus Angst, jemanden zu demotivieren oder als „harter Hund“ zu gelten.
Das ist ein Denkfehler. Jemanden konsequent weiterzuentwickeln, ist nicht unfreundlich – es ist respektvoll. Wenn Du Leistung nicht ansprichst, nimmst Du Menschen die Chance, besser zu werden. Und Du sendest ein fatales Signal ans Team: Es reicht, einfach durchzurauschen. Das ist der Anfang vom Ende jeder echten Leistungskultur.

These 1: Low Performance ist keine Charakterfrage – sondern Dein Führungsthema

Was sind aus Deiner Sicht die Hauptursachen für schlechte Leistung?
Es gibt zwei Lager: können und wollen. Manchmal fehlt die Qualifikation – dann helfen Weiterbildung, Mentoring oder Training. Schwieriger wird’s, wenn das Können da ist, aber die Haltung nicht stimmt. Geringe Motivation, Widerstand gegen Feedback, Null-Bock-Mentalität – dann musst Du das Gespräch anders führen.

Wie gehst Du dabei vor?
Ich arbeite mit einem inneren Stufenmodell:

  1. Klar beobachten – keine Urteile, nur Verhalten.
  2. Offen ansprechen – keine Schleifen drehen.
  3. Verstehen wollen – was steckt dahinter? Überlastung? Desinteresse?
  4. Ziele klären und Vereinbarung treffen – mit Deadline.
  5. Konsequenzen ziehen – Entwicklung oder Trennung. Beides ist legitim.

These 2: Falsche Rücksichtnahme gefährdet Deine Leistungsträger

Wie reagieren die anderen im Team auf Low Performer?
Das ist der eigentliche Druck. Die stillen Leistungsträger beobachten genau, wie Du mit dauerhaft Schwächeren umgehst. Wenn Du ausweichst oder relativierst, senden Du: Einsatz lohnt sich nicht. Dann riskierst Du nicht einen, sondern gleich mehrere.

Was rätst Du Führungskräften, die schwierige Gespräche scheuen?
Das Problem ist selten das Gespräch selbst – sondern die fehlende Vorbereitung. Wenn Du gut beobachtest, Deine Punkte klar formulierst und eine Linie hast, wirkst Du sofort souveräner. Genau das trainieren wir übrigens in speziellen Führungskräftetraining: Verhalten sauber beschreiben, zwischen Können und Wollen unterscheiden, Wirkung benennen – und konsequent bleiben. Viele merken: Es ist oft der Knotenlöser.

Checkliste: Wann Du handeln solltest

Ein:e Mitarbeiter:in…

  • zeigt dauerhaft Leistungsdefizite trotz klarer Aufgaben.
  • ignoriert Feedback oder blockt es ab.
  • wirkt unbeteiligt oder widerwillig.
  • verursacht Mehraufwand für andere im Team.
  • verweist ständig auf äußere Umstände ohne Eigenverantwortung.


→ Dann ist ein klares Entwicklungsgespräch überfällig.

Klartext mit Haltung: So führst Du ein wirksames Entwicklungsgespräch

  1. Starte mit einer sachlichen Beobachtung:
    „Mir ist aufgefallen, dass die Ergebnisse bei Projekt XY mehrfach nicht den Anforderungen entsprachen.“

  2. Hol Dein Gegenüber ins Boot:
    „Mich interessiert, wie Du das selbst wahrnimmst – und woran das aus Deiner Sicht liegt.“

  3. Formuliere klare Erwartungen:
    „Das Ziel ist, dass XY künftig zuverlässig erfüllt wird. Was brauchst Du dafür – und was bist Du bereit, zu investieren?“

  4. Vereinbart konkrete Schritte – mit Termin.

  5. Mach die Konsequenz transparent:
    „Wenn wir bis XY keine Veränderung sehen, sprechen wir über andere Wege – auch das gehört zur Klarheit.“

Fazit: Führung beginnt da, wo es unbequem wird

Low Performance ist kein Betriebsunfall – sondern ein Dauerproblem, wenn Du es nicht angehst. Wer glaubt, Konfliktvermeidung sei Fürsorge, irrt: Wahre Fürsorge bedeutet, ehrlich zu sein – auch wenn es unangenehm ist.

Führung ist kein Gefälligkeitsjob. Es geht darum, Verantwortung für das Ganze zu übernehmen. Wer Low Performer entwickelt – oder auch mal trennt – schützt das Team, die Kultur und letztlich den Erfolg.

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